Archiv für den Tag: 14. Juni 2013

Richtig konfrontieren

Zu gutem Journalismus gehört für uns, die Dinge beim Namen zu nennen. Verantwortliche, Unternehmen, Marken, die wir kritisieren, nennen wir und machen uns damit angreifbar. Bislang – toi, toi, toi – haben wir nahezu alles abbügeln können oder vor Gericht gewonnen. (Lediglich für einen Halbsatz in einem O-Ton eines Interviewpartners konnten wir nicht beide denkbaren Deutungen belegen und haben diesen Punkt, nicht aber den gesammten Prozess, daher verloren.). Selbstverständlich ist das ein Ergebnis guter Recherche. Aber dahinter steht auch ein redaktioneller Lernprozess. Natürlich haben wir die Gegenseite schon immer irgendwie befragt – die Betonung liegt auf irgendwie. Bei der Konfrontation der Gegenseite kann man schnell Fehler machen, weswegen sie von den meisten Journalisten stiefmütterlich behandelt wird – manche begnügen sich mit einer pro-Forma-Mail an irgendeine Adresse, viele machen sie viel zu kurzfristig, andere formulieren so, dass die Konfro gerade dazu einlädt, eine einstweilige Verfügung zu beantragen.

Doch worauf kommt es an und was sollte man alles beachten? Für unsere Redaktion habe ich eine kleine Checkliste angelegt, in der die wichtigsten Dinge drin stehen. Für die aktuelle Ausgabe des „Journalist“ habe ich das noch ergänzt und ausführlicher formuliert.

Artikel richtige Konfrontation im Journalist Juni 2013

Artikel richtige Konfrontation im Journalist Juni 2013

Leider ist der Artikel noch nicht online – das wird aber nachgetragen, sobald ihn die Redaktion online stellt. (Bis dahin glaubt der Verlag, würden sich alle Interessenten doch lieber noch das Heft am Kiosk kaufen.)

Hier will ich weder Handout noch Artikel wiederholen. Daher vielleicht hier ein paar Extrem-Beispiele aus unseren Produktionen:

– Konfro als Rettung: Unser Fall, eine Endverbraucherin, fühlt sich abgezockt und allem Anschein nach ist es auch so. Wir drehen, konfrontieren parallel zur Endfertigung und plums: die beschuldigte Firma schreibt und belegt, dass sich die Frau schlichtweg irrt. Sie hat sich an einen Jahre zurückliegenden Vertrag nicht mehr erinnert. Geschichte kaputt, aber Glück gehabt.

– Längste Konfro bislang: Über Wochen haben wir mit den Anwälten einer Firma korrespondiert, die immer neue Wege fanden, sich Zeit zu verschaffen. Mal wurde der Datenschutz vorgeschoben, mal der Auftrag gebende Sender über unser angeblich dreistes Vorgehen informiert, mal wurden scheinheilige Erklärungen angeführt, denen man aber zumindest nachgehen musste (sogenanntes pendeln).

– Konfro kurios: Nach einem Produkttest haben wir – nur der „guten Ordnung halber“ – alle Hersteller mit dem Ergebnis konfrontiert. Und siehe da, beim Einkauf der zu testenden Produkte ist uns ein Gerät untergekommen, das der Hersteller nachweislich zurückgerufen hatte. Und schwups waren wir unseren Test-Verlierer los.